Muttermaschine - Muttertier
- Naturrechtsideologie [1]
und § 218 -
'.., weil sich das Verbot des Schwangerschaftsabbruchs
angesichts der einzigartigen Verbindung von Mutter und Kind nicht in einer
Pflicht der Frau erschöpft den Rechtskreis eines anderen nicht zu verletzen,
sondern zugleich eine intensive, die Frau existentiell betreffende Pflicht zum
Austragen und Gebähren des Kindes enthält und eine darüber hinausgehende
Handlungs-, Sorge- und Einstandspflicht nach der Geburt über viele Jahre nach
sich zieht.' (Aus der Begründung des
Bundesverfassungsgerichtes zum Schwangerschaftsabbruch vom 28.5.1993 ((1) Seite
18 BVerfG (Bundesverfassungsgericht-Mehrheit))
Inhalt
Seite
Mutterschaft als
Sexualitätsdispositiv der Frau und der Mythos von der bösen und der guten
Mutter
Einleitung
'Das Risiko einer Nierenspende ist für einen
gesunden jungen Menschen etwa so groß wie das Risiko, das sie eingeht, wenn sie
jeden Tag 15 km mit dem Auto zurücklegt. Dies dürfte in etwa dem Risiko, daß eine Frau bei einer
Schwangerschaft eingeht, vergleichbar sein. Die langfristige körperliche
Belastung durch eine Schwangerschaft ist unzweifelhaft höher als die Belastung
durch die relativ einfache Operation zur Nierenentnahme.
Ausgehend von der Argumentationsfigur, daß dies ein
hinnehmbares Risiko in Abwägung des Todes eines anderen Menschen sei, folgt
zwingend, daß in der Logik deutscher Gerichte die Zwangstransplantion
eingeführt werden müßte. Ausnahmen könnten nach Aufsuchen eines Arztes aufgrund
medizinischer, genetischer oder psychosozialer Indikation gemacht werden.
Da Frauen eventuell noch Kinder bekommen könnten,
und der Verlust einer Niere in diesem Fall ein erhöhtes Risiko bedeuten würde,
erscheint es sinnvoll diese Regelung ausschließlich für Männer zwischen 20 und
35 Jahren einzuführen.'
Nach der Neufassung des § 218 müßte dieses 'Zitat'
ergänzt werden. Ausnahmen sind auch möglich, falls ein Mann trotz einer
Beratung, um ihn für die Transplantation zu gewinnen, auf der Verweigerung der
Transplantation besteht. Der Mann ist verpflichtet, die Gründe für seine
Verweigerungshaltung darzulegen. Verweigerungen, die ohne Feststellung einer
Indikation nach der Beratungsregelung erfolgen, dürfen nicht für gerechtfertigt
(nicht rechtswidrig) erklärt werden. Der behandelnde Arzt muß sich
vergewissern, daß die Verweigerung begründet erfolgt. Er kann andernfalls
strafrechtlich belangt werden.
'In der BRD ist nicht einmal eine
Zwangsverpflichtung[1]
zur Blutspende möglich. Die Argumentationsfigur des hinnehmbaren Risikos ist
also offensichtlich vorgeschoben, bzw. wird nicht vorausetzungsfrei verwandt.
Die Ausgangsfigur ist die 'natürliche' Pflicht der
Frau zu gebären. Diese Argumentationsfigur ist aber eindeutig Teil der
geschlechtsspezifischen Rollenzuweisung unter patriarchalen
Herrschaftsbedingungen. In der Gebärpflicht gehen staatliche Kontrollintressen
über die Reproduktion des 'Humankapitals' Hand in Hand mit den individuellen
Kontrollinteressen von Männern über die Gebärfähigkeit von Frauen.
Ausgehend vom Begriff individueller Selbstbestimmung
ist diese Pflicht nicht zu akzeptieren. Sie ist nur als Möglichkeit zu gebären
zu akzeptieren. Ein Kind zu gebären ist ein Sur Plus, eine Sonderleistung, die
von keiner Frau erwartet werden kann.
Aus dieser Sonderleistung, dem sich Einlassen auf
dieses Kind, ergibt sich auch erst der Sinn von Mutterschaft. Aus dem Einlassen
folgen Verpflichtungen, aber auch Rechte. Ein sich Einlassen setzt aber eine
freie Entscheidung voraus. Für einen verantwortlichen Umgang mit Kindern ist
also ein verantwortungsloser, daß heißt sich nicht verantwortlich machen
lassender Umgang mit Schwangerschaft Voraussetzung.
(..)
Es ist damit irrelevant für die Auseinandersetzung
um den § 218, wann ich den Embryo juristisch als Person ansehe. Auch einer
volljuristischen Person gegenüber besteht keine Verpflichtung zur Lebensrettung
unter den Bedingungen der Gefährdung der eigenen körperlichen Integrität.'
Schwerpunkt dieses Textes ist die Darlegung der
Argumentation des BVG-Urteil, und die Kritik der dieser Argumentation
zugrundeliegenden Geschlechts- und Mutterschaftskonstruktion. Es wird nicht auf
die spezifische Bedeutung des Urteils im Kontext der Gen- und
Reproduktionstechnologien eingegangen.
Ausgangsthese
Die Begründung des Urteils des
Bundesverfassungsgerichtes beruht auf der tradierten Ideologie der
Entmenschlichung des Verhältnisses Mutter - Kind. Das Verhältnis Mutter Kind
wird entweder als naturhaftes - Muttertier - oder als ein für den Erhalt des
Staates (der Gesellschaft) funktional notwendiges - Muttermaschine - gefaßt.
Schwangerschaft als bewußte Entscheidung, als bewußte und selbstbestimmte
Übernahme von Verantwortung, ist in dieser Sprache nicht denkbar. Damit ist
auch eine verantwortliche Beziehung zum eigenen Kind nicht mehr formulierbar.
Verantwortung existiert weder in der Maschinen- noch in der Naturmetapher, nur
Schicksal, Pflichterfüllung. Eine solche Sichtweise generiert nicht nur Gewalt
gegenüber den betroffenen Frauen, sondern auch gegenüber Kindern Pflichterfüllung
und Lieblosigkeit.
Sie rekuriert außerdem auf Prinzipien der Bio-Macht,
wie sie von Foucault gefaßt werden.
Mit diesem Diktum geht die Ausblendung zentraler
Bereiche menschlicher Kultur einher, der kulturelle Umgang mit Schwangerschaft,
Fruchtbarkeitsrythen, Sprachentwicklung, u.a.. Schwangerschaft und Kindheit
werden zu reinen Naturereignissen, als die sie dann mit den Mitteln
technokratischer Wissenschaft, Ultraschall und pränataler Diagnostik,
kontrolliert werden müssen.
Uns geht es nicht um die Belebung irgendwelcher
Frau-Natur-Mythen. Gerade das Begreifen der Mutter-Kind-Beziehung als kulturell
macht auch diese Beziehung einer Kritik zugänglich.
Dieser Text ist eine Untersuchung des Urteils des
Bundesverfassungsgerichtes von 1993 unter Hinzuziehung der Stellungnahmen der
Parteien bis hin zur Neufassung des § 218. Die untersuchten Stellungnahmen wurden uns
auf Nachfrage von den Parteien zugeschickt.
Die Ergebnisse werden im Anschluß unter
Berücksichtigung des Foucaultschen Konzeptes der Biomacht und weiterer Texte
analysiert. Außerdem untersuchen wir kurz die Verwendung des psychoanalytisch
zu fassenden Mythos von der bösen und der guten Mutter (Siehe z.B. - Marie Langer - 'Das gebratene Kind und andere Mythen' (5)).
Das
Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 28. Mai 1993 und die Stellungnahme
der Parteien zur Neufassung des § 218
Das Urteil des BVerfG kam aufgrund der Klage des
Bundeslandes Bayern zustande, der im Kern recht gegeben wurde.
Die beklagte gesetzliche Regelung sah die rechtliche
Anerkennung einer 'informativen Entscheidung' der Frau zum
Schwangerschaftsabbruch nach einer entsprechenden Beratung vor, innerhalb des
schon voher gültigen Fristenverlaufs. Außerdem wurde versucht, flächendeckend
für Frauen die Möglichkeit zu schaffen, die mit geringeren Belastungen
verbundene ambulante Abbruchmöglichkeit zu wählen, d.h. insbesondere die
Bundesländer zur Zulassung bzw. Schaffung entsprechender medizinischer
Einrichtungen mit einem Bundesgesetz zu zwingen. Die Kosten für den Abbruch
sollten von den Krankenkassen getragen werden.
Außerdem sollte auf eine bundesweite Statistik, die
außer Zahlen keine belastbaren wissenschaftlichen Aussagen produziert,
zugunsten qualitativer Forschungen verzichtet werden.
Die Begründung dieser Fassung des Gesetzes basiert
im Kern auf der Auffasung der Notwendigkeit der Annahme der Schwangerschaft
durch die Frau. 'Erst mit der Annahme gewinnt die Beziehung der Schwangeren
zur Leibesfrucht Verbindlichkeit' ((1) Seite 14 Bundesratsmehrheit). Die
Richter Mahrenholz und Sommer schloßen sich im wesentlichen in ihrem
Minderheitenvotum diesem Kerngedanken an. Sie bestreiten insbesondere das
naturrechtliche Konzept der BVerfG-Merheit einer natürlichen Verpflichtung der
Frau zum Austragen des Kindes (siehe Zitat auf dem Titelblatt dieser
Ausarbeitung). 'Innerhalb des verfassungsrechtlich vorgegebenen Dreiecks
zwischen der Frau, dem ungeborenen Leben und dem Staat nimmt die aus dem
Grundgesetz abzuleitende Schutzpflicht für das ungeborene Leben allein den
Staat in Anspruch, nicht unmittelbar schon die Frau. Pflichten, die der Staat
im Wege der Gesetzgebung der Frau zum Schutz des ungeborenen Lebens auferlegt,
müssen zugleich ihre Grundrechtsposition berücksichtigen.' ((1) Seite 43
Mahrenholz / Sommer) Mit Einschränkungen vertreten sie dabei die in den Thesen
aufgeführte Argumentation zur Nothilfe, 'vielmehr lehnt die Frau, in deren
Person Rechtsgüter einander in singulärer Weise widerstreiten und sich
zugleich vereinen, unter Berufung auf die Grenzen der Aufopferung eigener
Rechte vornehmlich die Übernahme einer mit besonders schwerwiegenden Einstands- und Sorgfaltspflichten verbundenen Garantenstellung ab.' ((1) Seite 47 Mahrenholz / Sommer). Mahrenholz und Sommer weisen außerdem darauf hin, daß die Rechtssprechung des BVerfG die Frau
als unmündiges Objekt konstituiert. 'Wir halten es aber auch für nicht
angängig, daß der Senat den Staat bei der Erfüllung seiner Schutzpflicht
gegenüber dem ungeborenen Leben in verfassungsrechtliche Grenzen verweist, zu
deren Wirkung es gehören soll, der schwangeren Frau die Antwort darauf zu
verweigern, ob sie mit einem Abbruch recht handelt. Das stellt sie in die Nähe
der Rolle eines unmündigen Objekts im Gefüge des staatlichen
Lebensschutzkonzepts.' ((1) Seite 47)
Die Ausführungen der bayrischen Landesregierung
richteten sich sowohl gegen die Regelung durch eine Beratungslösung im
allgemeinen, als auch gegen die Krankenkassenfinanzierung, gegen die freizügige
Ausgestaltung der Beratung, gegen die flächendeckende medizinische Versorgung
und gegen den Wegfall der Bundesstatistik. ((1) Seite 12/13/14)
Das BVerfG-Urteil stimmt in weiten Teilen diesen
Ausführungen zu und geht in Teilen sogar darüber hinaus.
Eine Abweichung gibt es in der Schlußfolgerung der
Konsequenzen für die gesetzliche Umsetzung. Eine repressive Regelung wird vom
BVerfG als nur bedingt umsetzbar und damit nicht funktional angesehen.
'Von wesentlicher Bedeutung ist weiter, daß die
Schwangerschaft in ihrer Frühphase oft nur der Mutter bekannt und das
Ungeborene ihrem Schutz in jeder Hinsicht anvertraut von ihm aber auch
existenziell abhängig ist. Der Staat sieht sich vor die Aufgabe gestellt, Leben
zu schützen, von dessen Vorhandensein er nichts weiß.' ((1) Seite 20)
'Diese Unentdecktheit, Hilflosigkeit und
Abhängigkeit des auf einzigartige Weise mit der Mutter verbundenen Ungeborenen
lassen die Einschätzung berechtigt erscheinen, daß der Staat eine bessere
Chance zu seinem Schutz hat, wenn er mit der Mutter zusammenwirkt.' ((1) Seite 21
BVerfG-Mehrheit)
Der entscheidende Grund dafür, eine liberalere
Regelung nicht vollkommen auszuschließen ist damit der Widerstand der
betroffenen Frauen. Das BVerfG-Urteil intendiert aber durchaus wesentlich
repressivere Regelungen, falls die Beratungstätigkeit nicht die
Austragungswilligkeit erhöht.
'Der Gesetzgeber erfüllt seine Pflicht, das
ungeborene menschliche Leben zu schützen, nicht ein für allemal dadurch, daß er
ein Gesetz zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs erläßt, welches diesen
Schutz bezweckt und nach seiner - verfassungsrechtlich unbedenklichen -
Einschätzung auch geeignet erscheint, das vom Grundgesetz geforderte Maß an
Schutz zu gewährleisten. Er bleibt vielmehr aufgrund seiner Schutzpflicht
weiterhin darfür verantwortlich, daß das Gesetz tatsächlich einen - unter
Berücksichtigung entgegenstehender Rechtsgüter - angemessenen und als solchen wirksamen
Schutz vor Schwangerschaftsabbrüchen bewirkt. Stellt sich nach hinreichender
Beobachtungszeit heraus, daß das Gesetz das von der Verfassung geforderte Maß
an Schutz nicht zu gewährleisten vermag, so ist der Gesetzgeber verpflichtet,
durch Änderung oder Ergänzung der bestehenden Vorschriften auf die Beseitigung
der Mängel und die Sicherstellung eines dem Untermaßverbot genügernden Schutzes
hinzuwirken (Korrektur- oder Nachbesserungspflicht).' ((1) Seite 34
BVerfG-Merheit)
Dies ist die logische Konsequenz aus der Negierung
einer eigenständigen Rechtsposition der Frau jenseits von Mutterschaft, 'Das
Beratungskonzept nimmt die Frau als Handelnde ernst, indem es sie als
Verbündete bei dem Schutz des ungeborenen Lebens zu gewinnen sucht und dabei
von ihr eine verantwortliche Mitwirkung erwartet.' ((1) Seite 25
BVerfG-Mehrheit - Hervorhebungen durch uns).
Die Frau ist nur als Handelnde, möglicherweise die Schwangerschaft Gefährdende,
oder als Mutter ernst zu nehmen. Sie wird auf ihre Gebärfunktion reduziert. 'Es
steht mit der einer Frau und werdenden Mutter gebührenden Achtung in
Einklang, wenn der Staat Frauen nicht durch generelle Drohung mit Strafe,
sondern durch individuelle Beratung und einen Apell an ihre Verantwortung
gegenüber dem ungeborenen Leben, durch wirtschaftliche und soziale Förderung
und darauf bezogene qualifizierte Information dafür zu gewinnen sucht, sich
der Aufgabe als Mutter nicht zu entziehen.' ((1) Seite 21
BVerfG-Mehrheit - Hervorhebungen durch uns)
Die Reduktion von Frauen, die Reduktion der
Mutter-Kind-Beziehung, auf die Funktion einer Gebärmaschine in der
Urteilsbegründung impliziert aber noch einen sehr viel weitergehenden Zugriff
auf den Körper von Frauen. Eine Maschine muß kontrolliert werden.
'Die staatliche Schutzpflicht umfaßt auch den Schutz
vor Gefahren, die für das ungeborene menschliche Leben von Einflüssen aus dem
familiären oder weiteren sozialen Umfeld der Schwangeren oder von gegenwärtigen
und absehbaren realen Lebensverhältnissen der Frau und der Familie ausgehen und
der Bereitschaft zum Austragen des Kindes entgegenwirken.'((1) Seite 2
BVerfG-Mehrheit)
Insgesamt werden durch das BVerfG-Urteil für Frauen
eine ganze Reihe Schranken gegenüber ihrer körperlichen Selbstbestimmung bei
einem Schwangerschaftsabbruch aufgebaut.
- Die Beratung wird zu einem Instrument der
Repression gegenüber Frauen, die eine Schwangerschaft abbrechen wollen. Die
Beratung hat 'wesentlich zum Lebensschutz beizutragen' ((1) Seite 33
BVerfG-Merheit) (damit ist nicht das Leben der Frauen gemeint). 'Solange der
Beraterin oder dem Berater die Möglichkeit einer Konfliktlösung -
gegebenenfalls unter Einbeziehung dritter Personen - nicht ausgeschöpft
erscheinen, darf die Beratungsbescheinigung, die den Abschluß der Beratung
dokumentiert, nicht ausgestellt werden' ((1) Seite 33 BVerfG-Mehrheit)
(Interessant auch, daß nur hier die Nennung beider Geschlechter erfolgt, bei Ärzten
z.B. nicht). Außerdem wird durch entsprechende Regelungen der Ausschluß
feministischer Beratungstellen sichergestellt und jede/r einzelne BeraterIn mit
strafrechtlichen Sanktionen bedroht. ((1) Seite 32/33 BVerfG-Merheit).
- Der betroffenen Frau wird eine rechtliche
Anerkennung ihrer Entscheidung verweigert. ((1) Seite 34 BVerfG-Mehrheit)
- Die ÄrztIn, die den Schwangerschaftsabbruch
durchführt, wird als weitere Kontrollinstanz nach der Beratung installiert und
massiv mit strafrechtlichen Sanktionen bedroht. ((1) Seite 28 BVerfG-Mehrheit)
- Durch das Verbot der Krankenkassenfinanzierung
wird eine finanzielle Hürde aufgebaut. ((1) Seite 36 BVerfG-Mehrheit)
- Durch die Verhinderung der Bundesrichtlinie zur
flächendeckenden medizinischen Versorgung für Schwangerschaftsabbrüche wird der
Zugang in einem Teil der Bundesländer erheblich erschwert. ((1) Seite 41
BVerfG-Mehrheit)
Zusätzlich werden die Länder unter Druck gesetzt,
auch keine zu gute medizinische Betreuung zuschaffen, 'Andererseits sind sie
(die Länder) bei Inanspruchnahme ihrer Kompetenz für das Gesundheitswesen durch
die Verpflichtung, ungeborenes Leben zu schützen, verfassungsrechtlich
gebunden; sie haben zusätzliche Maßnahmen zu unterlassen, wenn sich diese als
aktive Förderung des Schwangerschaftsabbruchs auswirken.' ((1) Seite 41/42
BVerfG-Mehrheit). Vielleicht erinnert nur uns dies an den Paragraphen zur
Zuhälterei, der dazu führt, daß die Schaffung menschenwürdiger
Arbeitsbedingungen für Prostituierte strafrechtlich unterbunden wird, die
Abhängigkeit der Prostituierten verstärkt, und brutale Ausbeutung, da in ihr
keine Förderung der Prostitution gesehen wird, straffrei bleibt[2].
Das BVerfG argumentiert von einem
Verantwortungsbegriff aus, der unter verantwortlichem Handeln, ein Handeln
gemäß 'akultureller Gesetze' einfordert. Dieses Naturrechtskonstrukt der natürlichen Mutterschaft stellt letztendlich
einen Versuch der Refamiliarisierung der Gesellschaft, durch das Konstrukt der
unvollständigen Mutter/Kind-Kernfamilie als Fixpunkt dar. Eine Kernfamilie,
die, ohne Mann, in dieser Terminologie dabei immer eine unvollständige ist, in
der Frauen immer nicht hinreichend in der Lage sind, alleine für ihre Kinder zu
sorgen, und deshalb ihre Aufopferung erzwungen wird. In diesem Konstrukt, in
dem Frauen auch als Hauptverdienende Zuverdienende bleiben, ist sichergestellt, daß auch Frauen dieses Leben
als Mangel empfinden. In diesem Kontext heißt Widerstand, sich nicht
verantwortlich machen zu lassen, im Rahmen der eigenen Möglichkeiten, d.h.
notwendig wird eine Ethik der Verantwortungslosigkeit als politische Handlung.
An der Stellungnahme der Parteien ist zuerst der
Wechsel der Positionen innerhalb der FDP auffällig. Kurz nach dem Urteil äußern
FDP-Abgeordnete noch massive Kritik.
'Zum Urteil des BVerfG vom heutigen Tag erklärt der
FDP-Bundestagsabgeordnete Carl-Ludwig Thiele: "Ich halte das Urteil für
katastrophal und wirklichkeitsfern. Auch ich will den Schutz des ungeborenen
Lebens verbessern. Aber ich halte den Weg über das Strafrecht und damit die
Kriminalissierung der Frau für falsch und ungeeignet. Schon in der
Vergangenheit wurden Frauen strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen; das
ist gut so und muß und wird auch so bleiben. Eine Strafandrohung ohne
Bestrafung gibt überhaupt keinen Sinn, sondern ist nur ein Feigenblatt, welches
dem ungeborenen Leben nicht hilft."' (Presseerklärung MDB Carl Ludwig Thiele 28.
Mai 1993)
'Zu der heutigen Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe zu der Reform des Abtreibungsrechts
erklärt der FDP-Bundestagsabgeordnete Dr. Jürgen Schmieder: "Mit diesem
Urteil stellt sich das Bundesverfassungsgericht gegen die Ansichten und Bedürfnisse
von zwei Dritteln der deutschen Bevölkerung. Nicht nur für die Frauen im Osten
ist dies ein Schritt zurück ins Mittelalter. Diese Regelungen entsprechen nicht
mehr der sozialen Entwicklung des gesamten deutschen Volkes. Diese Entscheidung
bringt Frauen, die sich in einer Zwangslage befinden, zussätzlich in
inquisitionsähnliche Zustände. Damit ist sogar der Schutz der
"Keimzelle" des Staates, der Familie, gefährdet."' (Presseerklärung MDB Dr.
Jürgen Schmieder 28. Mai 1993)
Die Urteilskritik wird aber auch schon zu diesem
Zeitpunkt vom FDP-Abgeordneten Burghard Zurheide als 'wüste Beschimpfung',
'Kriegsgeschrei' und 'Alle diejenigen, die jetzt wieder lautstark die
alte Formel des "Mein Bauch gehört mir" hervorkramen, schaden der
Sache.' (Presseerklärung MDB Burkhard Zurheide 28. Mai 1993 - fragt sich
welcher und wessen Sache)
Zur Kritik am BVerfG im Vorfeld des Urteils durch 'eine
Reihe namhafter Frauen' hatte sich
der gleiche Abgeordnete bereits ähnlich vernehmen lassen. (Presseerklärung MDB
Burkhard Zurheide 3. Dezember 1992)
Im Juni wird dann aber durch die frauenpolitische
Sprecherin der FDP eine neue politische Argumentationslinie nach außen
getragen, die bis zum Gesetzentwurf der FDP Grundlinie bleibt. 'Zum Urteil
des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum Paragraphen 218 gibt die
frauenpolitische Sprecherin und stellvertretende Vorsitzende der FDP-
Bundestagsfraktion Uta Würfel folgende Erläuterungen:
Die sorgfältige Beschäftigung mit dem Urteil führt
zu folgenden Erkenntnissen:
1. Das BVerfG fordert die Rechtskonstruktion die
bereits im FDP-Gesetzentwurf enthalten war.
2. (..)' (Tagesdienst des Bundestages Nr 503 1.Juni 1993)
Tatsächlich stimmt das Urteil im erheblichen Maß mit
den Forderungen der CSU überein, dies gilt insbesondere für die dem Urteil zu
Grunde liegende Begründung und die allgemeine Rechtsauffassung. Unter der
Berücksichtigung von Beruf, Alter, Geschlecht und Schichtzugehörigkeit der
RichterInnen am BVerfG[3]
ist dies aber auch nicht verwunderlich. Die Ansbacher Erklärung der CSU
vertritt,
- 'Abtreibung ist Tötung menschlichen Lebens.
(..) denn es ist eigenständiges menschliches Leben von Anfang an.' ((6) Seite 1)
- 'Nein zur Fristenregelung.' ((6) Seite 3)
- die 'Verantwortung der Väter und des sozialen
Umfeldes' zu benennen und 'durch einen eigenständigen Straftatbestand
Signale zu setzen.' Die in diesem Punkt genannten Argumentationen lassen
sich fast wörtlich in der Begründung des BVerfG wiederfinden. ((6) Seite 3/412)
- 'Lebenschutz hat Vorrang vor (dem)
Selbstbestimmungsrecht (der Frau)', die CSU zitiert hier ein
gleichlautendes älteres BVerfG-Urteil. ((6) Seite 4/5)
- Die CSU fordert außerdem soziale
Unterstützungsmaßnahmen des Staates für die Schwangere. ((6) Seite 6/7/8)
- Zwangsberatung zugunsten des 'ungeborenen Kindes'. ((6) Seite 8/9)
- Strafrechtsdrohung, 'Die Tötung von Leben ist
grundsätzlich mit Strafe belegt; von Bestrafung kann in begrenzten Fällen
abgesehen werden, wenn bestimmte Indikationen vorliegen.' ((6) Seite 10)
- die Ablehnung der generellen 'Finanzierung von
Abtreibung durch die Krankenkasse'. ((6) Seite 10)
Alle diese Punkte, bis auf die Strafrechtsdrohung
mit Ausnahme einer Indikation, finden sich wie aufgeführt in ähnlicher Weise im
Urteil des BVerfG. Im Bereich der Aufklärung und Bewußtseinsbildung sind die
Formulierungen der CSU sogar erheblich liberaler ((6) Seite 8). Interessant ist
vielleicht noch, daß die CSU ihre Unterlagen an 'Frau Jörg Djuren'
adressierte, und dies trotz ihrer Betonung, daß es sich nicht um ein 'Frauenproblem'
handele.
Die CDU verzichtet weitestgehend auf eine
eigenständige Position gegenüber dem BVerfG-Urteil. Die Diskussion wird über
die Ausgestaltung geführt.
Insgesamt weisen das BVerfG-Urteil und die
Stellungnahmen der drei aufgeführten Parteien in Richtung einer
Biomachtkonzeption im Foucaultschen Sinne. Der Staat als Garant des Schutzes
des autonomen Subjekts konstituiert sich damit als der eigentlich Gebärende.
Außerdem wird in verschiedenen Varianten auf den
Mythos von der bösen und der guten Mutter rekuriert. Auf diese Punkte werden
wir im folgenden Abschnitt noch genauer eingehen.
Die SPD kritisiert das Urteil des BVerfG, verfolgt
auf der politischen Ebene aber die Nutzung der vom BVerfG gelassenen Spielräume
unter Verzicht auf eine klar nach außen gerichtete Initiative. Deutlich wird
dies in einem Interview der Jungen Welt mit Inge Wettig-Danielmeier.
'Die Forderung der Frauenbewegung nach Streichung
des § 218 aus dem Strafgesetzbuch ist in der SPD kein Thema mehr, aber auch die
Fristenlösung ohne Beratungszwang ist mit Hilfe der SPD vom Tisch. Worüber
regen Sie sich am Koalitions-Gesetzentwurf noch auf?
In unserem Gesetzentwurf von 1991 war beides
enthalten, die Streichung des § 218 aus dem Strafgesetzbuch und die
Fristenlösung ohne Beratungszwang. Wir wollten so wenig Druck auf die Frauen
ausüben wie möglich; ihr dafür aber Hilfe geben. Unser Entwurf ist vom Tisch.
Bundesverfassungsgericht und die Bundestagsmehrheit haben anders entschieden.
Wir wollen jetzt möglichst viel für die Frauen erreichen (..)
Warum verhandelt die SPD jetzt im stillen
Kämmerlein, im Vermittlungsausschuß des Bundestages, anstatt eine
gesellschaftliche Initiative zu starten, denn Verfassungsinterpretationen und
-wirklichkeit hängen immer auch vom gesellschaftlichen Klima ab?
Im Bereich des § 218 fühlen die Menschen anders, als
in unserer Rechtsordnung vorgeschrieben. In der Geschichte und in der Gegenwart
sind die Menschen nicht überzeugt, daß diese Rechtsordnung für sie gilt; sie
handeln anders. Deshalb finde ich es auch besonders lächerlich, was hier
gespielt wird.
Aber sie spielen mit?
Dieser Vorwurf ist richtig. (..)'
(Junge Welt 29. Juni 1994 - Interview mit Inge
Wettig-Danielmeier Schatzmeisterin der SPD)
Bündnis 90/Die Grünen versuchen eine Doppelstrategie
grundsätzlicher Kritik und parlamentarischer Einflußnahme.
'Bündnis 90/Die Grünen fordern die ersatzlose
Streichung des § 218, denn nur dann sind der Verfassungsanspruch nach Schutz und
Achtung der Menschenwürde der Frau einzulösen und ihr Recht auf körperliche
Unversehrtheit und der Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte zu wahren. Solange es
keine Mehrheit für die ersatzlose Streichung des § 218 gibt, werden sich Bündnis
90/Die Grünen bei der parlamentarischen Ausgestaltung des Urteils des
Bundesverfassungsgerichts dafür einsetzen, daß der Rahmen des Urteils weit und
parteilich für Frauen ausgelegt wird.' (Brigitte Sellach - Wahl 94: Bündnisgrüne Argumente
Frauenpolitik Gewalt gegen Frauen Seite 7)
Innerhalb der Partei kam es über diese Position zum
Streit. Ein Teil der Landesverbände fordert, auf einen eigenen Gesetzentwurf zu
verzichten, und sich auf die Durchsetzung der Streichung des § 218 zu
konzentrieren. (Streit um Abtreibungsgesetz - die tageszeitung 3. März 1995)
Die PDS schickte uns trotz mehrmaliger Nachfrage
keine Informationen zu, sie fällt damit aus dieser Untersuchung heraus.
Die Untersuchung der Begriffsverwendung im Kontext
der Debatte um den § 218 würde den Rahmen dieser Ausarbeitung sprengen. Im
folgenden nur einige besonders auffällige Sprachschöpfungen. So heißt es z.B.
im BVerfG-Urteil, 'zumutbare Opfergrenze der Frau' ((1) Seite 4
BVerfG-Merheit), 'werdendes Leben' ((1) Seite 7 BVerfG-Merheit),'ungeborenes
menschliches Leben' ((1) Seite 34 BVerfG-Merheit) versus 'Leibesfrucht'
((1) Seite 14 Bundestagsmehrheit), 'embriophatisch' ((1) Seite 7
BVerfG-Merheit) statt eugenisch. Diese Sprachverwendung verweist sowohl auf die
herausgearbeiteten Argumentationsmuster, wie auch auf die Vorverlegung des
Rechtssubjektes ins Genom (Siehe Einleitung).
Auffällig ist die geringe Differenz der Sprache
zwischen den Parteien.
Mutterschaft
als Sexualitätsdispositiv der Frau und der Mythos von der bösen und der guten
Mutter
Im folgenden gehen wir aus vom Foucaultschen Konzept
der Biomacht, das wir um das Sexualitätsdispositiv der Frau, die Mutterschaft,
ergänzen. Die Überlegungen auf den Seiten entstammen im wesentlichen 2 älteren Texten, die am Institut für
Politische Wissenschaft und am Institut für Sozialpsychologie der Universität Hannover ausgearbeitet
wurden. Das Dargestellte stellt eine Zusammenfassung dar.
Die Souverenitätsmacht als Macht des Schwertes, d.h.
die Macht zu töten, die sich an der Grenze zwischen Leben und Tod konstituiert,
wird nach Foucault in der Neuzeit zunehmend abgelöst durch das Konzept der
Biomacht, die die Verwaltung des Lebens übernimmt. Als Disziplinarmacht
gegenüber dem Körper übernimmt sie 'seine Dressur, die Steigerung seiner
Fähigkeiten, die Ausnutzung seiner Kräfte, das parallele Anwachsen seiner
Nützlichkeit und seiner Gelehrigkeit, seine Integration in wirksame und
nützliche Kontrollsysteme' ((2) Seite 166) und als 'Biopolitik der
Bevölkerung' ((2) Seite 166), als Normierungsmacht, reguliert sie 'die
Fortpflanzung, die Geburten- und Sterblichkeitsrate, das Gesundheitsniveau'
((2) Seite 166). Die Lebensdauer, die Langlebigkeit mit all ihren
Variationsbedingungen wird zum Gegenstand eingreifender Maßnahmen.
'Diese Bio-Macht war (..) ein unerläßliches Element
bei der Entwicklung des Kapitalismus, der ohne kontrollierte Einschaltung der
Körper in die Produktionsapparate und ohne Anpassung der Bevölkerungsphänomene
an die ökonomischen Prozesse nicht möglich gewesen wäre. Aber er hat noch mehr
verlangt: das Wachsen der Körper und der Bevölkerungen, ihre Stärkung wie auch
ihre Nutzbarkeit und Gelehrigkeit; er brauchte Machtmethoden, die geeignet
waren, die Kräfte, die Fähigkeiten, das Leben im ganzen zu steigern, ohne deren
Unterwerfung zu erschweren.' ((2) Seite 168)
Es geht nicht mehr darum, auf dem Feld der
Souveränität den Tod auszuspielen, sondern das Lebende in einem Bereich von
Wert und Nutzen zu organisieren.
'Der Sex eröffnet den Zugang sowohl zum Leben des
Körpers wie zum Leben der Gattung. Er dient als Matrix der Disziplinen und als
Prinzip der Regulierungen.' ((2) Seite 174) (..) 'Die Mechanismen der Macht zielen auf den
Körper, auf das Leben und seine Expansion, auf die Erhaltung, Ertüchtigung,
Ermächtigung oder Nutzbarmachung der ganzen Art ab. Wenn es um Gesundheit,
Fortpflanzung, Rasse, Zukunft der Art, Lebenskraft des Gesellschaftskörpers
geht, spricht die Macht von der Sexualität und zu der Sexualität, die nicht Mal
oder Symbol ist, sondern Gegenstand und Zielscheibe.'((2) Seite 166). Das
Sexualitätsdispositiv wird damit zu einem Dispositiv der Bio-Macht, der Macht,
Leben zu machen und in den Tod zu stoßen.
Das Sexualitätdispositiv der Frau ist die
Mutterschaft. In ihr, durch sie wird sie Teilhaberin in der Sphäre der
Bio-Macht, letztendlich aber an dieses Dispositiv gekettet. Eine Frau ist nur
als Mutter real.[4]
Diese Konzeption liegt auch ganzen Teilen des BVerfG-Urteils zugrunde.
Im BVerfG-Urteil scheint an vielfältigen Stellen
dieses Konzept der Biomacht in der Argumentation durch.
'Das Beratungskonzept nimmt die Frau als handelnde
Person ernst, indem es sie als Verbündete bei dem Schutz des ungeborenen Lebens
zu gewinnen sucht und dabei von ihr verantwortliche Mitarbeit erwartet.'((1) Seite 25
BVerfG-Mehrheit)
'Dazu bedarf es eines näher zu entwickelnden,
Elemente des präventiven wie des repressiven Schutzes miteinander
verbindenenden Schutzkonzeptes.' ((1) Seite 20 BVerfG-Merheit)
'Rechtlicher Schutz gebührt dem Ungeborenen auch
gegenüber der Mutter. Ein solcher Schutz ist nur möglich, wenn der Gesetzgeber
ihr einen Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich verbietet und ihr damit die
grundsätzliche Rechtspflicht auferlegt, das Kind auszutragen. Das
grundsätzliche Verbot des Schwangerschaftsabbruchs und die grundsätzliche
Pflicht zum Austragen des Kindes sind zwei untrennbar verbundene Elemente des
verfassungsrechtlich gebotenen Schutzes.' ((1) Seite 1 BVerfG-Mehrheit)
'Die Schutzpflicht für das ungeborene Leben ist
bezogen auf das einzelne Leben, nicht nur auf menschliches Leben allgemein.
Ihre Erfüllung ist Grundbedingung geordneten Zusammenlebens im Staat. Sie
obliegt aller staatlichen Gewalt (Art.1 Abs.1 Satz 2 GG), d.h. dem Staat in
allen seinen Funktionen, auch und gerade der gesetzgebenden Gewalt. (..) Dies
gilt auch für den Schutz des nasciturus gegenüber seiner Mutter, (..)' ((1) Seite 17
BVerfG-Mehrheit)
'Die staatliche Schutzpflicht umfaßt auch den Schutz
vor Gefahren, die für das ungeborene menschliche Leben von Einflüssen aus dem familiären oder weiteren
sozialen Umfeld der Schwangeren oder von gegenwärtigen und absehbaren realen
Lebensverhältnissen der Frau und der Familie ausgehen und der Bereitschaft zum
Austragen des Kindes entgegenwirken.' ((1) Seite 2 BVerfG-Mehrheit)
'Darüber hinaus sind für Personen des familiären
Umfeldes in bestimmten Umfang strafbewehrte Verhaltensgebote und -verbote
unerläßlich. Sie müssen sich zum einen darauf richten, daß die betreffenden
Personen der Frau den ihnen zumutbaren Beistand, dessen sie wegen der
Schwangerschaft bedarf, nicht in verwerflicher Weise vorenthalten, zum anderen
darauf, daß sie es unterlassen, die Frau zum Schwangerschaftsabbruch zu
drängen.' ((1)
Seite 31 BVerfG-Mehrheit)
'Der Staat genügt seiner Schutzpflicht gegenüber dem
ungeborenen menschlichen Leben nicht allein dadurch, daß er Angriffen wehrt,
die diesem von anderen Menschen drohen. er muß auch denjenigen Gefahren
entgegentreten, die für dieses Leben in gegenwärtigen und absehbaren realen
Lebensverhältnissen der Frau und der Familie begründet liegen. (..) Diesem
Auftrag entspricht es, Mutterschaft und Kinderbetreuung als eine Leistung zu
betrachten, die auch im Interesse der Gemeinschaft liegt (..) Dem Staat obliegt
es, in Wahrnehmung seiner Schutzpflicht (..) Umständen nachzugehen, die die
Lage der schwangeren Frau und Muttter zu erschweren geeignet sind, und sich
(..) um Abhilfe oder Erleichterung zu bemühen.' ((1) Seite 19
BVerfG-Mehrheit)
'Der Schutzauftrag verpflichtet den Staat
schließlich auch, den rechtlichen Schutzanspruch des ungeborenen Lebens im
allgemeinen Bewußtsein zu erhalten und zu beleben. Deshalb müssen die Organe
des Staates in Bund und Ländern erkennbar für den Schutz des Lebens eintreten.
Das betrifft auch und gerade die Lehrpläne der Schulen. Öffentliche
Einrichtungen, die Aufklärung in gesundheitlichen Fragen, Familienberatung oder
Sexualaufklärung betreiben, haben allgemein den Willen zum Schutz des
ungeborenen Lebenss zu stärken; (..) Öffentlich-rechtlicher wie privater
Rundfunk sind bei der Ausübung ihrer Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) der
Würde des Menschen verpflichtet (..) ihr Programm hat daher auch teil an der
Schutzaufgabe gegenüber dem ungeborenen Leben.' ((1) Seite 19
BVerfG-Mehrheit - diese Sätze erinnern nicht von ungefähr an die britische
Antihomosexuellengesetzgebung, die wohl auch als ein Bio-Machtkonzept zu fassen
ist.)
Auch die Nichtgewährung von Sozialleistungen, d.h.
die Ablehnung der Krankenkassenfinanzierung von Schwangerschaftsabbrüchen ((1)
Seite 37 BVerfG-Mehrheit), verweist auf den bewußten Einsatz dieser Leistungen
als Instrumente der Macht.
Zum vom BVerfG vertretenen Biomachtkonzept gehört
schließlich auch die Beobachtungspflicht und Kontrollpflicht des Staates ((1) Seite 34 BVerfG-Mehrheit) und die euphemistische Umschreibung der eugenischen Indikation als embriophatische. Dies alles dient der Kontrolle des Wachsens der
Körper und der Bevölkerung.
In der modernen posttayloristischen Struktur der
Gesellschaft scheint dieses Konzept zunehmend als überholt. Das Bewußtsein über
die Zusammenhänge der Gesellschaft zerfällt, es ensteht das Bild einer
partikularisierten Menge selbstreferentieller Systeme, die über
Warentauschbeziehungen und kommunikative Netze verbunden sind. Negiert wird
dabei der Hintergrund, d.h. die Grundlage, dieser Struktur, die Notwendigkeit
der realen Existenz lebender Menschen und ausgeblendet werden bestimmte Teile
der Reproduktion dieser Systeme. Wurden bisher die Tätigkeiten und
Generativität von Frauen als Naturresource angeeignet, so wird jetzt dieser
Zusammenhang negiert. Frauen haben die Wahl zu geschlechtslosen Männern zu
mutieren[5],
oder in der Negierung, als Randexistenz die Subsistenz der Gesellschaft zu
sichern. Da dieser Rand, als das Ausgegrenzte der Gesellschaft, gerade mitten
in ihr liegt, ist eine Verortung eines gesellschaftsverändernden Potentials
auch in diesem Bereichen verfehlt. Die Utopien sind ortlos geworden, das heißt
aber auch, daß ihr Ort überall ist. Ein Beispiel hierfür zeigt der Aufbruch und
das Scheitern der neueren sozialen Bewegungen in Süd- und Mittelamerika. Das
Scheitern dieser Bewegungen basiert, sehr verkürzt, auf der sehr schnellen
Reintegration der Bewegungen in bestehende Machtstrukturen. Das Hineinreichen
ausdifferenzierter Strukturen in alle, auch Teilbereiche, der Gesellschaft
verhindert die Herausbildung von Strukturen von Gegenmacht ((4) Seite 19).
Slums sind keine herrschaftsfreien Räume, sie sind aber auch nicht durch und
durch herrschaftskonform.
Das Sexualitätsdispositiv Mutterschaft wird somit
einmal durch die Lebensentwürfe von Frauen konterkariert, gleichzeitig steht es
aber der kommerziellen Verwertung der (Frauen)körper in der Gen- und
Reproduktionsindustrie und pornographischen Industrie entgegen und der
vollständigen Negation.
Die Problematik ist in der feministischen Diskussion
schon länger bekannt. In einem Artikel für die beiträge zur feministischen
theorie und praxis schreibt Anna Dorothea Brockmann: 'Der Entwurf eines
Bildes von selbstbestimmtem Leben als Frau wird durch die jüngste Entwicklung
in der Reproduktionsmedizin, durch die technisierte Herrstellung von
Schwangerschaften ebenso wie durch deren Überwachung mit Pränataler Diagnostik
herausgefordert, in unerwartete Widersprüche verwickelt und ist in seinen
individualisierenden Grenzziehungen fragwürdig geworden. ((8) Seite 105)
(..) die Implikation des Selbstbestimmungskonzepts, das die Subjektwerdung auf
Körperbeherschung stützt (bringt) Selbstbestimmung so in eine prekäre
Gratwanderung zwischen befreienden und repressiven Momenten der
Körper-Selbst-Kontrolle (..) ((8) Seite 109)
Zwar scheint auch dort im BVerfG-Urteil, wo auf die
Mutter primär als zu kontrollierende Gebärmaschine rekuriert wird, bereits ein
Bruch mit dem Sexualitätsdispositiv Mutterschaft durch, es wird aber versucht,
durch einen Rückgriff auf Disziplinarmacht diesen Auflösungsprozess zu stoppen.
Aus dieser doppelten Bewegung ergeben sich bezüglich der Körper- und
Sexualitätspolitik für Frauen widersprüchliche Interessenslagen.
Die Positionen des BVerfG scheinen in diesem Licht
überholt. Es bleibt aber zu berücksichtigen, daß gerade die gesellschaftlichen
Strukturen entlang der Geschlechterbeziehungen von Ungleichzeitigkeiten geprägt
sind.
'Die Verteilung gesellschaftlicher Arbeitskraft
zeigt die Grenzlinien systematischer Diskriminierung zwischen den Geschlechtern
(..). Heute scheint es jedoch so, als hätten sich nicht nur die realen
Lebensverhältnisse, sondern zunehmend auch die subjektiven Orientierungen von
Frauen über alle Schichten hinweg von den Geschlechterstereotypen und der sie
intergrierenden Ideologie weiter entfernt. Bei näherer Betrachtung zeigt sich
jedoch eine entscheidende Differenz: Es sind eher die Weiblichkeitsstereotype,
die an Realitätsgehalt verloren haben und irrealer, phantastischer geworden
sind. (..) Frauen "wissen" (implizit),
daß sie mehr / anders sind, mehr / anderes machen, mehr / anderes können als
das, was ihnen gesellschaftlich als ihr "Sein", ihr "Tun",
ihr "Vermögen" gespiegelt wird. Dieses "Wissen" von sich
selbst kann einer der inneren Kristallisationskerne von Autonomie sein, es ist
bezogen auf die Selbsterfahrung von "Nicht-Identität".' ((12) Seite 299 /301 / 302)
Das heißt die Widersprüche, die sich ergeben,
richten sich zwar zum nicht unbeträchtlichen Teil gegen die Frauen und
feministische Politiken, die auf diese Art und Weise in der Zange immer wieder
zur Rekonstruktion patriarchaler Herrschaft instrumentalisiert werden können.
Die Widersprüche bieten aber auch Ansätze für Widerstand gegen Herrschaftsverhältnisse[6].
Das Ausgegrenzte gewinnt auch an anderer Stelle
Realität, im Unterbewußten, in der (männlichen) Negation des eigenen
Geborenseins, und in den daraus resultierenden psychischen Strukturen.
Eine Argumentationsfigur, die sich im BVerfG-Urteil
wiederfindet, rekuriert gerade auf diese Strukturen, sie basiert auf dem Mythos
von der guten und der bösen Mutter. Die Psychoanalytikerin und Marxistin Marie
Langer hat in einem Essay zur propagandistischen Wirkung der öffentlichen
Bilder von Eva Peron diesen modernen Mythos genauer dargestellt. Wenn wir hier
auf die Psychoanalyse rekurieren, dann nicht im Sinne einer zeitlosen und vom
gesellschaftlichen Umfeld unabhängigen Wahrheit. Die Psychoanalyse faßt aber
für uns sehr genau bestimmte Elemente psychischer Entwicklungen in der
bürgerlichen Gesellschaft, in diesem Sinn rekurieren wir auf die von Marie
Langer beschriebenen Grundlagen dieses Mythos.
'Die Psychoanalyse - insbesondere die englische
Schule (damit ist Melanie Klein gemeint) - hat gezeigt, daß neben der guten auch die andere, die
schreckenerregende Mutterimagio in uns ist: das Bild der Mutter, die zerstört,
tötet, ihr Kind verschlingt.' ((5) Seite 19) Die psychoanalytische Erklärung
sparen wir hier aus, sie ist in dem zitierten Aufsatz und in verschiedenen
psychoanalytischen Schriften nachzulesen. Das Bild der guten und der
schreckenerregenden Mutter wurde in Argentinien in der Zeit der peronistischen
Diktatur auf die kranke Eva Peron übertragen. 'Unter den Müttern des
Nordviertels von Buenos Aires - ein absolut antiperonistischess Viertel -
warnte man sich gegenseitig davor, die Kinder in Krankenhäuser oder Ambulanzen
zu bringen. Das sei gefährlich: Eva brauche, um gesund zu werden, frisches
junges Blut, und so habe sie befohlen, daß man ihr das Blut der Kinder zum
Trinken gäbe.' ((5) Seite 40/41) Gleichzeitig sahen die peronistischen
Massen in ihr 'die nie versiegende Mutterbrust' ((5) Seite 38) bzw. zu
Zeiten ihrer Krankheit die Märtyrerin, Heilige ((5) Seite 40).
Die hier erwähnten Bilder finden sich in der
Betonung der Gefährdung des 'Ungeborenen' durch die Mutter auch im
BVerfG-Urteil wieder.
'Die Verfassung verspricht dem noch in jeder Weise
von der Mutter abhängigen Ungeborenen Schutz auch dieser gegenüber.' ((1) Seite 24
BVerfG-Merheit)
'die besondere Verbindung von Mutter und ungeborenen
Leben, die für dieses Schutz bedeutet, aber auch Gefahr bringen kann'
((1) Seite 24 BVerfG-Merheit)
'Damit ist nicht gesagt, daß nach fachkundiger und
individueller Beratung nur noch die Frau ihre Schwangerschaft abbricht, die
sich in einem Konflikt solchen Ausmaßes befindet, daß ihr das Austragen des
Kindes nach den oben dargelegten verfassungsrechtlichen Maßstäben unzumutbar
ist. Dies würde die Lebenswirklichkeit verkennen, in der Männer wie Frauen
vielfach ihre Lebensvorstellungen überbewerten und diese auch dann nicht
zurückzustellen bereit sind, wenn es bei objektivem Nachvollziehen ihrer
individuellen Lebenssituation zumutbar erscheint.' ((1) Seite 21
BVerfG-Merheit)
'Rechtlicher Schutz gebührt dem Ungeborenen auch
gegenüber seiner Mutter.' ((1) Seite 1 BVerfG-Merheit)
Die psychoanalytischen Erklärungen Marie Langers
sind auf diese Argumentationen übertragbar.
Im Rekurs auf die beiden hier dargestellten
Argumentationsfiguren ist auch die propagandistische Wirkung des BVerfG-Urteils
und der mit ähnlichen Figuren arbeitenden Argumentationen der CSU nicht zu
unterschätzen. Die psychoanalytischen Mythen sind eine der Grundlagen der
politischen Massenpsychologie.
Texte zur Kritik der Bevölkerungspolitik und -technologie - J.Djuren
Quellenhinweise
(1) 'Das
Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Schwangerschaftsabbruch vom
28. Mai 1993' - in: Juristen
Zeitung Sonderausgabe - Tübingen 1993
(2) Michel
Foucault - 'Der Wille zum Wissen' (Sexualität und Wahrheit, Band 1)-
Frankfurt am Main 1977
(3) Saskia
Sassen - 'Wirtschaft und Kultur in der Global City' - in: Forum Wissenschaft
2/95 - Marburg Juni 1995
(4) Gerd
Beszent - 'Der Niedergang der sozialen Bewegungen in Chile und
Mexiko-Dokumentation einer
Niederlage' - in: ak 384/95 (der Artikel bezieht sich auf
das Buch: - Ingo Bultmann /
Michaela Hellmann / Klaus Meschkat / Jorge Rojas
(HG.) - Demokratie ohne soziale
Bewegung-Gewerkschaften, Stadtteil- und
Frauenbewegung in Chile und
Mexiko - Bad Honnef 1995) - Hamburg,
November
1995
(5) Marie
Langer - 'Das gebratene Kind und andere Mythen' - Freiburg im Breisgau
1987 (dt. Übersetzung und
überarbeitete Fassung / 1. Auflage Buenos Aires 1957)
(6) CSU - 'Ansbacher Erklärung der CSU' - Ansbach 13. Juli 1991 (verabschiedet vom
Parteiausschuß)
(7) agisra
(HG.) (Arbeitsgemeinschaft gegen internationale sexuelle und rassistische
Ausbeutung) - 'Frauenhandel und Prostitutionstourismus eine
Bestandsaufnahme' -
München 1990
(8) Anna
Dorothea Brockmann - 'Mein Bauch gehört mir?' - in: beiträge zur
feministischen theorie und praxis
24/89 - Frankfurt 1989
(9) Joachim Hirsch / Roland Roth - 'Das neue Gesicht des Kapitalismus' -
Hamburg
1986
(10) A SEED
Europe Office (HG.) - 'Europa im Abbruch' - Amsterdam 1993/1994
(11) Wolfgang Hegener - 'Das Mannequin' - Tübingen 1992
(12) Gudrun-Axeli
Knapp - Arbeitsteilung und Sozialisation: Konstellation von
Arbeitsvermögen und Arbeitskraft
im Lebenszusammenhang von Frauen' - in:
Ursula Beer (HG.) - 'Klasse
Geschlecht' - Bielefeld 1987
(13) Frigga
Haug - 'Erinnerungsarbeit'- Hamburg
1990
(14) Görres
Gesellschaft (HG.) - Staatslexikon -
Freiburg 1987
Bemerkungen
[1] 'Seit der Frühzeit lebt im Abendland die Idee eines
Rechtes, das sich nicht menschlicher Autorität verdankt, vielmehr aller Setzung
und Vereinbarung enthoben ist und das für jede Rechts- und Staatsinstanz,
insbes. den Gesetz- und Verfassungsgeber, unbedingte Verbindlichkeit
beansprucht; die vorpositiv und überpositiv gültige Rechtsidee hat nämlich die
Bedeutung eines sittlichen Fundamentes und Maßstabes. (..) Als Instanz der Legitimation
und Limitation, mithin als Grund und Maß für eine gerechte Rechts- und
Staatsordnung wird im Naturrechtsdenken die Natur beansprucht. (..) Das
Naturrecht erscheint außerdem als Bedingung der Möglichkeit universaler
Kommunikation. Es umspannt eine Gemeinsamkeit antropologischer Konstanten
(Sprachlichkeit, Geschlechtlichkeit, u.a.) durch alle geschichtlichen
Brechungen hindurch.' ((14) Seite 1296 / 1298 / 1310 - Hervorhebung durch uns)
Das Naturrecht bildet insbesondere die Grundlage der katholischen
Moraltheologie.
[1] Aktuelle Rechtsprechung des BGH
(Bundes-Gerichts-Hofes) laut Auskunft eines Jurastudenten.
[2] 'Prostitution ist nicht als Beruf anerkannt und wird
damit in eine Grauzone abgedrängt. (..) Ihre Arbeitsmöglichkeiten (der
Prostituierten) werden durch Sperrgebietsverordnungen eingeschränkt, was im
Endeffekt den großen Zuhälterorganisationen nutzt. Diese teilen jeden Straßenmeter, auf dem Prostituion legal
ausgeübt werden darf, unter sich auf und kontrollieren so die
Ausbeutungsverhältnisse (..).' ((7)
Seite 102) Die Rechtslage, die für
bundesdeutsche Prostituierte schon problematisch ist, verschärft sich noch
einmal für Prostituierte ohne deutsche Staatsbürgerinnenschaft, sie sind
SchlepperInnen und ZuhälterInnen weitestgehend ausgeliefert, da sie permanent
durch Ausweisung bedroht werden. 'Wenn der Kampf gegen Prostitution in der
Einschränkung von Arbeitsmöglichkeiten bis hin zur Kriminalisierung der
ausländischen Prostituierten besteht, werden damit die patriarchalen und
ökonomischen Grundlagen von Prostitution ignoriert und die Prostituierten zum
zweiten Mal zu Leidtragenden gemacht. Bezeichnenderweise sind die Organisatoren
und Profiteure des Ausbeutungsgeschäftes in den seltensten Fällen von
staatlicher Repression betroffen (..).' ((7) Seite 117)
[3] Für diese Ausarbeitung haben wir uns die Lebensläufe
der VerfassungsrichterInnen zuschicken lassen. Fast alle sind vor 1940 geboren,
männlich, Juristen. Die Lebensläufe weisen wenig Brüche auf.
[4] Die Argumentationsfiguren wurde übernommen aus einem
Referat über das Buch 'Sexualität und Wahrheit' Band 1 von Foucault, das
im Rahmen eines Seminars am Institut für Sozialpsychologie erarbeitet wurde.
[5] Wolfgang Hegener spricht in diesem Zusammenhang vom
Mannequin als dem kleinen Phallus als dem Vorbild der entgeschlechtlichten
Selbstkonstruktion; 'Der ganze Körper, vor allem aber der Frau, wird zum
phallischen Bild, vom phallus be- und durchsetzt. Das Modelfall, der ideale
Körper hierfür ist das Mannequin. "Schon das Wort sagt es: Mannequin,
kleiner Mann - Kind oder Penis - in diesem Fall ist es der eigene Körper, den
die Frau mit einer raffinierten Manipulation, mit einer starken, nie
versagenden narzistischen Disziplin handhabt. Dieser perverse Vorgang , der aus
ihr und ihrem sakralisierten Körper einen lebenden Phallus macht, ist
zweifellos die wirkliche Kastration der Frau. Kastriert sein, bedeutet von
phallischen Substituten verdeckt zu sein."' ((11) Seite 18 - das
Zitat, auf das sich Wolfgang Hegener hier bezieht, stammt von J. Baudrillard,
1982)
Babara Duden hat in einer
Veranstaltung am Institut für Soziologie auf das Problem hingewiesen, daß im
bestehenden Kontext mit der Dekonstruktion der Körper auch die Frau
verschwindet.
[6] Gerade auch individuell ergibt sich aus
widersprüchlichen Anforderungen sowohl die Möglichkeit von Prozessen der
Bewußtwerdung über gesellschaftliche Verhältnisse wie auch unterschiedliche
Möglichkeiten, sich in der Realität zu konstituieren. Diesen Prozeß der
individuellen Vergesellschaftung versuchen, z.B. Frigga Haug u.a. mit der
Methode der kollektiven Erinnerungsarbeit aufbauend auf der marxistischen
Theorie und der kritischen Psychologie empirisch zu erfassen um damit Ansätze
der politischen Handlungsfähigkeit zu gewinnen. ((13))
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Impressum: Paula & Karla Irrliche
Zuletzt aktualisiert 30.10.14
§ 218 Bundesverfassungsgericht. 'Muttermaschine Muttertier' Naturrechtsideologie der Verfassungsrichter Analyse des Urteils zum § 218 des Bundesverfassungsgerichtes 1993 - Text über; Politik Sexismus Feminismus Antisexismus antisexistisch